Forderungskatalog
zum „Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts “ 

1. Die Definition „national wertvolles Kulturgut“ ist um eine zeitliche Komponente zu
ergänzen. Soweit der Regierungsentwurf die Eintragung von sog. „Sachgesamtheit“
als national wertvolles Kulturgut ermöglicht, ist dieser Begriff zu präzisieren.

Der Definition des Begriffs „national wertvollen Kulturgut“ in § 7 fehlt eine zeitliche Komponente,
mit der Folge, dass Kulturgut schon unmittelbar nach seiner Verbringung in das
Bundesgebiet als „national wertvolles Kulturgut“ eingetragen werden kann. Der Begriff von
„Sachgesamtheiten“ ist zu weit gefasst. Es droht die beliebige Eintragung von Schlossinventaren,
Kunstsammlungen und Nachlässen.
Forderung: Ein Kulturgut sollte nur dann als „national wertvoll“ eingetragen werden dürfen,
wenn es sich vor dem Zeitpunkt der Eintragung länger als 50 Jahre in Deutschland
befunden hat (so auch die Rechtslage in England). Darüber hinaus ist die Definition der
„Sachgesamtheit“ dahingehend zu präzisieren, dass eintragungsfähig nur mehrere gleichartige
Kulturgüter sind. Kunstsammlungen sind von dem Begriff der „Sachgesamtheit“
auszunehmen.

2. Die Anforderungen an die bei der Einfuhr von Kulturgütern anzuwendende Sorgfalt
sind ungerechtfertigt hoch, bringen den Handel mit außereuropäischen Kunstobjekten
zum Erliegen und sind daher herabzusetzen.

Wer zukünftig Kulturgüter nach Deutschland einführt, muss gem. §§ 29 ff. nachweisen,
dass diese rechtmäßig ausgeführt worden sind. Dabei ist nicht nur der letzte Belegenheitsort
des Kulturguts außerhalb des Bundesgebiets zu berücksichtigen, sondern die
Rechtmäßigkeit der Ausfuhr aus dem Herkunftsstaat oder den Herkunftsstaaten zu prüfen.
Diese Anforderungen bringen den Handel mit außereuropäischen Kunstobjekten zum
Erliegen.
Forderung: Eine Herabsetzung der Sorgfaltsanforderungen ist unverzichtbar. Wer Kulturgüter
einführt, muss – soweit das Recht des letzten Belegenheitsortes dies vorsieht –
eine Ausfuhrgenehmigung mit sich führen. Darüber hinaus besteht eine Pflicht zur Prüfung
der Rechtsmäßigkeit der Ausfuhr nur, wenn sich nach den Gesamtumständen der
hinreichende Verdacht aufdrängt, es handele sich um Raubkunst.


3. Die für genehmigungspflichtige Ausfuhren im Binnenmarkt geltenden Mindestalters-
und Wertuntergrenzen sind heraufzusetzen.

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Ausfuhrkontrolle führt zu einem immensen Anstieg
der Anträge auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung. Der mit der Prüfung dieser Anträge
verbundene Verwaltungsaufwand ist von den Landesbehörden nach derzeitigem
Zuschnitt nicht zu bewältigen. Kurzfristige Ausfuhren werden unmöglich.
Forderung: Um die durch die Genehmigungspflicht von Ausfuhren verursachten Handelshemmnisse
zu reduzieren, sind die maßgeblichen Mindestalters- und Wertuntergrenzen
heraufzusetzen, insbesondere im Handel mit Antiquitäten.

4. Entsprechend dem britischen Vorbild sollte der Staat die dauerhafte Ausfuhr eines
national wertvollen Kulturgutes nur verhindern können, wenn er es zu einem angemessenen
Preis von dem Eigentümer erwirbt bzw. es auf die Vermittlung des Staates
hin zu einem Ankauf durch Dritte kommt.

Wird die Genehmigung zur dauerhaften Ausfuhr national wertvollen Kulturgutes nach § 23
rechtskräftig versagt, sieht § 12 Abs. 2 vor, dass die oberste Landesbehörde auf einen
„billigen Ausgleich“ hinzuwirken hat – allerdings nur, wenn der Eigentümer infolge wirtschaftlicher
Notlage zum Verkauf gezwungen ist. Diese Härtefallklausel ist zu eng gefasst.
Forderung: Dem britischen Vorbild folgend ist vorzusehen, dass der Staat die dauerhafte
Ausfuhr eines national wertvollen Kulturgutes, das er für unverzichtbar hält, nur verhindern
kann, wenn er bereit ist, es zu einem angemessenen Preis von dem Eigentümer zu
erwerben, bzw. es erwerben lässt. Dies würde auch dem Geist des Gesetzes, „identitätsstiftendes
Kulturgut“ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, Rechnung tragen.

5. Dem Betroffenen ist die Möglichkeit einzuräumen, verbindlich feststellen zu lassen,
dass das ihm gehörende Kulturgut nicht als „national wertvolles Kulturgut“ angesehen
wird. In diesem Fall ist ihm ein sog. Negativattest („Laissez passer“) zu erteilen.

Der Regierungsentwurf sieht eine solche Möglichkeit nicht vor. Folge ist eine Unsicherheit
über den Status als national wertvolles Kulturgut, die den internationalen Handel und
Leihverkehr mit in Deutschland ansässigen Händlern und Ausstellungseinrichtungen gefährdet.

6. Die Höchstfrist für das freie Geleit von Kulturgütern zu Ausstellungszwecken ist
aufzuheben. 

Der Regierungsentwurf sieht in § 73 Abs. 1 ein freies Geleit für Ausstellungsprojekte vor,
mit einer Höchstdauer von zwei Jahren. Dies ist praxisfremd und erschwert angefragte
Leihgaben national wertvoller Kulturgüter. Die Sammlung Heinz Berggruen war zunächst
für 10 Jahre geliehen. Das wäre nach dem Regierungsentwurf nicht möglich.
Forderung: Die Befristung sollte im Ermessen der zuständigen Behörde stehen.

7. Die Verpflichtung zur gesteigerten Sorgfalt im Handel mit Kulturgütern, bei denen
zu vermuten ist, dass sie zwischen 1933 und 1945 NS-verfolgungsbedingt entzogen
worden sein können, ist zu streichen. 

Der Regierungsentwurf begründet in § 44 Nr. 1 unverhältnismäßige Sorgfaltspflichten im Handel mit wertvollen Kulturgütern, die vor dem 8. Mai 1945 entstanden sind. Schon die
bloße Vermutung, dass das Kulturgut zwischen 1933 und 1945 NS-verfolgungsbedingt
entzogen worden sein könnte, begründet eine Pflicht zur umfassenden Provenienzforschung.
Unklar ist, auf wessen Vermutung es ankommen soll. Insbesondere aber fehlt eine
Beschränkung auf das dem Kunsthändler wirtschaftlich Zumutbare. Galeristen können
mit solchen Gütern nur noch handeln, wenn diese eine lückenlose Provenienz aufweisen.
Damit ist der Handel mit 90% der Ware nicht mehr möglich, denn dies konnte selbst von
der sogenannten Task Force Gurlitt trotz eines hohen personellen und finanziellen Aufwandes
nicht geleistet werden.
Forderung: Die Vorschrift ist ersatzlos zu streichen.

8. Der gewerbliche Kunsthändler sollte wie bisher nur 10 Jahre lang zur Aufbewahrung
von Aufzeichnungen und Unterlagen verpflichtet sein.

§ 45 des Regierungsentwurfs verpflichtet den gewerblichen Kunsthandel, Unterlagen über
Verkäufe von Kulturgütern gleich welcher Art 30 Jahre lang aufzubewahren. Große Auktionshäuser
tätigen jährlich 5.000 bis 6.000 Verkäufe, im Münzhandel sind es in großen
Firmen sogar bis zu 20.000 Verkäufe im Jahr. Wollen sie der 30-jährigen Aufbewahrungspflicht
nachkommen, ist dies nur mit zusätzlichem Personal und Lagerräumen zu bewältigen.
Dies steht in keinem Verhältnis zu dem Interesse an einer lückenlosen Dokumentation
von Verkaufsvorgängen nach Ablauf von 10 Jahren.
Forderung: Entsprechend der handels- und steuerrechtlichen Vorschriften sollte für die
Aufbewahrung von Aufzeichnungen und Unterlagen weiterhin eine 10-Jahres-Frist gelten.

Diese Forderungen wurden am 10.02.2016 an alle 630 Abgeordneten des Deutschen Bundestags gesandt:
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